Entwerfen SS 22

Entwerfen SS 22: UNCHAINED: Transformation eines Gefangenenhauses in Kirchberg am Wagram

AUFGABE

 Im Fokus des gegenständlichen Entwerfenprogrammes steht ein Gefangenenhaus im niederösterreichischen Kirchberg am Wagram (ca. 4.000 Einwohner), welches seit geraumer Zeit nicht mehr als solches in Verwendung steht. Die Baulichkeit verfügt über eine zentrale Lage in unmittelbarer Nähe einer steil abfallenden Geländekante und soll wieder einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. Die Entwurfstätigkeit wird sich vor allem mit der denkmalgeschützten Baulichkeit (mitsamt „Bewegungsraum“) befassen. Ebenso steht der angrenzende Freiraum – mit weitem Fernblick – zur Disposition. Der Zellentrakt wird Veränderungen jedoch nur bedingt zulassen. Zudem muss die Nutzung der angrenzenden Bereiche in die Entwurfsüberlegungen miteinbezogen werden. Im Rahmen der Entwurfsübung gilt es demnach, Nutzungskonzepte mit architektonischen Maßnahmen zu verbinden, welche zu einer sinnstiftenden Entwicklung beitragen. Das Hauptziel besteht darin, ein realisierungsfähiges Gesamtkonzept sowie eine konkret nutzbare Entwurfslösung zu erarbeiten.

RESUMEE

Betrachtet man die vielfältigen Projektansätze zur Neuentwicklung respektive Umgestaltung des Gefangenenhauses, so wird klar, dass in nahezu in allen Fällen zunächst eine ernsthafte Auseinandersetzung mit dem historischen Hintergrund und seiner dunklen Geschichte die Grundlage allen Tuns bildet. Wie jedoch auf derlei Hintergrund zu reagieren ist, entscheiden die einzelnen Projektautoren auf ihre ganz eigene Weise. Ob Aufarbeitung der Vergangenheit, die strategische Öffnung des Gebäudes, des Anstreben bewussten kommunikativen Austausches, das Befrieden der Vergangenheit mittels Kunst oder das bewusste zurückgeben der Baulichkeit an die Jugend – immer wieder wird bewusst, dass das Gefangenenhaus mehr als eine bloß umzubauende Immobilie darstellt. Das Haus ist längst selbst Bestandteil der Geschichte geworden und trägt diese mehr oder minder sichtbar eingeschrieben in sich. Ihre Umgestaltung verlangt also nach einer Geschichtsfortschreibung, einem neuen Kapitel in Bezug auf die vorangegangene Historie. Gleichermaßen gilt es die in die Jahre gekommene Baulichkeit, also das physische Gerüst, in die heutige Zeit zu überführen: es zugänglich zu machen, barrierefrei – so weit möglich – auszugestalten, es zu belichten wie auch zu belüften und es mit Sanitärvorrichtungen auszustatten – kurzum, die Mauern in eine im heutigen Sinne nutzbare Baulichkeit zu verwandeln. Immer wieder begegnen einander hierbei notwendige Anforderungen und denkmalpflegerische, resp. konservatorische Ansprüche. Es gilt von Mal zu Mal zu entscheiden, ob dem Erhalt oder dem Nutzen der Vorrang zu erteilen ist. In diesem Spanungsfeld wird es für die einzelnen Projektautoren zur Aufgabe einen Kurs zu finden und in weiterer Folge zu halten, welcher an beiden Fronten denk- und gangbar ist. Es bleibt zu hoffen, dass dieses außergewöhnliche Spannungsfeld dazu beiträgt, dem ehemaligen Gefangenenhaus ein neues Kapitel abzuringen und es in eine hoffnungsvolle Zukunft zu überführen.