Entwerfen SS 16

Nachbar auf Zeit: Temporäre Behausungen im innerstädtischen Raum

AUFGABE

Eine wachsende Zahl an Menschen ist aus unterschiedlichsten Gründen vorübergehend ohne Wohnadresse. Dieses Phänomen ist in der jüngeren Vergangenheit erneut deutlich in den Vordergrund getreten. Im Rahmen des ggst. Entwerfenprogrammes gilt es vor diesem Hintergrund sogenannte „short-term-living-solutions“ im innerstädtischen Wiener Raum, im Speziellen an ausgewählten Stellen des 4. Wiener Gemeindebezirkes zu entwickeln. Die prekäre Situation obdachloser Menschen, sowie die der über die Landesgrenzen drängenden Flüchtlinge mitsamt der damit einhergehenden sozialen Sprengkraft, sind als Hintergrund für die zu entwickelnden Unterkünfte zu sehen. Im Vordergrund der Betrachtung steht jedoch die Schaffung einer vorüber gehenden „neuen Heimat“. Den Bedürfnissen eines zeitlich beschränkten Nachbarschaftsverhältnisses ist in konzeptueller Weise nachzuspüren und Lösungsansätze für die offene Anzahl an damit einhergehenden Fragestellungen sind jedenfalls zu suchen. Zu erarbeiten sind Konzepte, welche von einer Holzbau-weise/Massivholzbauweise Gebrauch machen. Den spezifischen Rahmenbedingungen, welche mit einer solchen Bauweise einhergehen, wie rascher Auf- und Abbau, Wintertauglichkeit, Ver- und Entsorgung ist ent-sprechend Rechnung zu tragen. Überdies werden im Rahmen des Programmes diverse konkrete Standorte im 4. Bezirk (und angrenzend) nominiert werden. Wahlweise ist eine Entwurfslösung für mindestens einen dieser Standorte zu erarbeiten.

RESUMEE

Betrachtet man die nun vorliegenden Entwurfsansätze fällt auf, dass zunächst nicht unbedingt die Herstellung einer billigen Behausung im Vordergrund der Überlegungen gestanden haben mag. Es scheinen vielmehr Formen des Lebens auf engstem Raum, sowie Fragen zur Wohn- und Aufenthaltsqualität gestellt und betrachtet. Die Idee rund um die Nachbarschaft auf Zeit muss denn auch mehr sein, als eine Verdichtung bekannter Containerhäuser, da diese nur all zu schnell – vor allem in höherer Anzahl aufgestellt – als bedrohlich wahrgenommen werden. So folgen vorliegende Projekte nicht selten dem Ansatz zur Schaffung eines Mehrwertes. Es werden Eigenschaften bereitgestellt, die nicht nur den künftigen Bewohnern zu Gute kommen sollen, sondern auch der bereits vorhandenen Nachbarschaft. Dem Verzicht auf Raum, auch wenn es nur städtischer Raum sein mag, wird demnach ein Zugewinn entgegen gestellt. Es werden überdachte Außenräume generiert, Treffpunkte und halböffentliche Begegnungszonen angedacht die zunächst einmal „Allen“ zugedacht sind. In diesem neuen öffentlichen Raum, so das gebaute Credo ist „für jeden“ Platz. Die darin angedachten baulichen Strukturen zeugen bei näherem Hinsehen denn auch von erstaunlicher Offenheit. Sie erweisen sich nicht als jene uns bekannten Unterkünfte, die sich dem Außenstehenden bewusst entziehen und sich vor ihm verschließen. Vielmehr scheinen sie absichtlich Interesse zu erregen und unsere Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Sie verstecken sich nicht, sondern erwecken unsere Neugier. Vielleicht ist dies ein gangbarer Weg, uns die dringend notwendigen Behausungen aktiv näher zu bringen und Gebäude als auch Bewohner bereits zu einem Zeitpunkt zu integrieren, bevor Ausgrenzung und Ablehnung überhaupt es erst aufkommen vermag.