Entwerfen SS 09

Docking Station

AUFGABE

Vor gut einem halben Jahrhundert wurden die Wiener Flaktürme errichtet, welche neben einer militärischen Funktion seinerzeit u.a. auch als Schutzräume dienten. Obgleich der ursprüngliche Nutzen bald nicht mehr gegeben war, wurde auf Grund der gewählten Bauweise dennoch von einem Abriss mittels Sprengung abgesehen. Die Turmobjekte (Augarten, Arenbergpark, Esterhazy Park) sind längst im Stadtbild „integriert“ und es stellt sich seit Langem die Frage, wie mit diesen Objekten umzugehen sein könnte. Dieses Thema setzt somit im Bereich der programmatischen Entwicklung an. So gesehen könnten bauliche Akte gesetzt werden, welche im Dialog mit dem Bestand eine Neunutzung ermöglichen oder zumindest das Objekt funktionsbezogen erweitern. Es sind im Zuge des Programms Lage und Form der Anordnung auszuloten, wie auch das Ausmaß möglicher ergänzender Maßnahmen selbst. Überdies sind Fragen zur baulichen Anbindung „alt-neu“ sowie die einzelnen Übergänge entwerferisch zu behandeln.

RESUMEE

Zieht man die vorliegenden Entwürfe zur Neunutzung und Umgestaltung ausgewählter Gefechts- resp. Leittürme in Betracht, so sticht zunächst die Bandbreite möglicher Verwendungszwecke ins Auge. Nahe liegende Einsatzmöglichkeiten wie beispielsweise eine Bibliothek oder ein Kino scheinen hier ebenso auf, wie vielleicht auf den ersten Blick kaum zu vermutende Nutzungsmöglichpotentiale im Sinne einer Jugendherberge oder eines Meditationshostels. Die Verwendung eines der Türme als öffentlich begehbare Aussichtplattform oder auch als Kongresszentrum sind nur einige der Möglichkeiten, welche die schweigsamen Zeitzeugen den Projekten zu Folge, an zu bieten haben.

In den meisten Fällen ist es der dunkle Innenraum welcher als Ausgangspunkt für eine Reihe an Überlegungen hinsichtlich einer sinnstiftenden Verwendung dient, doch gilt es in Folge für die Studierenden auch in Erwägung zu ziehen, in wieweit es sinnvoll und realistisch ist, die monolithischen Bauweise aufzubrechen und ausgewählte Segmente herauszulösen oder gar einer Transformation zu unterziehen.

Im Zuge eines solchen Bearbeitungsprozesses wird nur allzu rasch deutlich, dass die Türme in Bezug auf eine etwaige gestalterische Umarbeitung eine gewichtige Herausforderung darstellen. Sind sie doch nicht nur von enormen Ausmaßen sondern auch von einer nahezu übermäßigen Dominanz. Nicht zu letzt aus diesem Grunde prägen sie bis zum heutigen Tage nachhaltig das Wiener Stadtbild und fungieren als steinerne Zeitzeugen und Mahnmal zugleich. Jedoch treten sie in dieser Rolle nicht aktiv auf, sondern verharren vielmehr als stumme Relikte, welche sich lediglich jedwedem Gebrauch entziehen.

Das Bestreben der vorliegenden Entwurfsarbeiten liegt darum mehrheitlich auch nicht dahin, die Türme aus dem Stadtbild zu tilgen, oder gar unsichtbar zu machen, vielmehr liegt der verstärkte Fokus auf einer Transformation des Bestandes. Einer Ver- und Umwandlung hinsichtlich einer Öffnung und „Erfahrbarmachung“ des bis dato „nicht Greifbaren“. In Folge gilt es, das hermetische Erscheinungsbild aufzubrechen, um die Türme im wörtlichen Sinne „nahbar“ zu machen und sich den leer stehenden und ungenutzten Inneren zu eigen machen zu können. Der Prozess der Öffnung und Transformation dient dabei letzten Endes als Vehikel, die Existenz dieser bis dato unnahbaren Relikte der Geschichte besser verständlich werden zu lassen.

Die Unterschiedlichkeit der einzelnen Entwurfsansätze und die Gewichtung der propagierten Maßnahmen könnte darum auch als abstraktes Spiegelbild ihrer jeweiligen Bearbeiter gesehen werden. Wie anders wäre es zu erklären, dass in so manchem Fall lediglich die räumlich eingeschränkte Bearbeitung einzelner Geschosse und Teilbereiche des Turmes angestrebt wird, wohin gegen in manch anderem Fall wiederum der Turm in seiner Gesamtheit intern als auch in Bezug auf seine äußere Erscheinung einer umfänglichen Verwandlung unterzogen wird.

Für die beteiligten Studierenden galt es in jedem Falle, das zur Verfügung stehende Raumvolumen einer Nutzung zu zuführen und in einen konstruktiven Dialog mit den zeitgeschichtlich relevanten Relikten zu treten. Die Ergebnisse zeigen deutlich auf, dass eine solche Auseinandersetzung mit diesen das Stadtbild prägenden Bauwerken keinesfalls noch an ihr Ende gekommen ist, sondern vielmehr ein weiterer Schritt auf dem Weg eines aktiven Dialoges gesetzt wurde. Ein weiterführender Diskurs ist damit, so wird deutlich, in jedem Falle anzustreben.